Monday, May 30, 2011

Turbokapitalismus frisst Seele auf

aus: www.nachhaltigkeit.org 

Hochrangige Führungskräfte neigen oft zu Exzessen, wie jüngst Strauss-Kahn oder die Spitzenmanager der Versicherung Ergo auf ihrer Budapester Sexparty. Ellen Michels weiss, warum. Sie hat sich als spiritueller Coach in Düsseldorf auf die Beratung von hochrangigen Führungskräften spezialisiert.

Roland Mischke: Frau Michels, Sie coachen viele Top-Wirtschaftsleute. Wie leben diese termingejagten und unter Dauerdruck stehenden Menschen Liebe und Sexualität?
Ellen Michels: Wer zu mir kommt, will nach Jahren auf der Überholspur innehalten, um nach dem Sinn seines Lebens und seiner Lebensaufgabe zu fragen und seine wahre Autorität zu entdecken. Im Coaching geht es um Erfolge und Niederlagen, aber vor allem um eine Lebensbilanz. Die schliesst Partnerschaft und Sexualität ein, denn ohne sie gibt es keine Weiterentwicklung zum ganzheitlichen Menschen. Viele stehen auch da vor den Trümmern gescheiterter Beziehungen. Es erfordert viel ernsthaftes Engagement, das aufzuarbeiten. 

Roland Mischke: Eine der grössten Versicherungsgesellschaften Deutschlands spendiert über 100 Managern und Vertriebsprofis zur Belohnung eine Sexparty. Dort wird auch Kokain angeboten. Diese Leute verwalten Millionen Euro von Millionen Versicherungsteilnehmern. Solche Dekadenz erinnert an die spätrömische Untergangsperiode. Wie erklären Sie sich das?
Ellen Michels:Das hat mit der Eigendynamik der Event-Industrie zu tun. Ein Event muss das andere übertreffen, nach Heli-Ski, Autorennen, Fallschirmspringen und Wüste muss jetzt etwas Verbotenes erlebt werden. Gemeinsam, im kollektiven Rausch, damit alle im Ernstfall in Haftung genommen werden können. Das zeigt einen flachen, kalten, sehr berechnenden Führungsstil ohne jegliche Seelenintelligenz.
Roland Mischke: Weil die wüste Sexparty von Unternehmensspitze genehmigt wurde? Was geht in den Köpfen solcher Vorstände vor?
Ellen Michels: In diesen Köpfen geht es um Macht, Selbstsucht und Profit. Nur so erklärt sich die extreme Gewissenlosigkeit. Aus spiritueller Sicht erschreckt vor allem, dass der Turbokapitalismus angefangen hat, Seelen aufzufressen. Diese Vorstände und Spitzenmanager verhalten sich tatsächlich wie die römischen Senatoren, als ihr Reich unterging.

Roland Mischke: Ist die sexuelle Belohnung der Spitzenmanager Zuhälterei?
Ellen Michels: Ja, und Knechtschaft auf einem niedrigen ethischen Niveau. Vorgesetzte belohnen ihre Mitarbeiter mit etwas Anrüchigem, das sie mit ihnen in einer Ausnahmesituation erleben dürfen. Das schweisst Männer zusammen und nimmt die Untergebenen zugleich in Gefangenschaft. 

Roland Mischke: Der „Spiegel“ hält die Exzesse der letzten Wochen, verbunden mit den Namen Kachelmann, Strauss-Kahn oder Schwarzenegger, unter dem Titel „Sex & Macht“ für eine „gefährliche Beziehung“. Glauben Männer in gehobener Position, ihnen stehe nahezu alles zu, auch grösste sexuelle Freiheit?
Ellen Michels: Macht wird in allen gesellschaftlichen Schichten ausgeübt. Die damit verbundene Popularität finden viele Frauen sexy, deshalb lassen sie sich auf Affären ein. Aber Sex entlastet nur kurzfristig, überlagert oft Wut, Aggression und Hilflosigkeit. Der Spitzenmanager, der seine Macht einsetzt, um Sex zu bekommen, betäubt sich damit. Oft ist seelische Leere bis an den Rand der Verzweiflung und des Lebensüberdrusses die Folge. Selbst das Manager Magazin schrieb neulich, „auf der Chefetage tanzen die Todsünden Ringelreihen“. 

Roland Mischke: Also haben Spitzenkräfte der Wirtschaft ein höheres Risiko?
Ellen Michels: Das Bedauerliche ist, dass die Übertragung von Führungsaufgaben, schnelle Beförderung und sogar charismatische Führung keine Indikatoren für Stärke im menschlichen Bereich sind. Ein Spitzenmanager kann seine Arbeit hervorragend machen, aber gleichzeitig als Mensch versagen. Er ist dann nicht mehr in seelischer Balance.

Roland Mischke: Also ist die sittliche Verrohung nicht aufzuhalten?
Ellen Michels: Führungskräfte, die sich an materiellen Werten orientieren, ihre innerliche Zerrissenheit unterdrücken und spirituell nicht aufgeschlossen sind, haben keinen anderen Weg. Sie werden sich weiter unsittlich verhalten. 

Roland Mischke: Wie helfen Sie ihnen?
Ellen Michels: Indem ich sie begleite, oft über Jahre, und ihr Engagement stärke, in persönlicher und spiritueller Hinsicht voranzukommen. Mit der Veränderung der Persönlichkeit verändert sich auch der Führungsstil.

Zur Person:
Ellen Michels hat sich als spiritueller Coach in Düsseldorf auf die Beratung von hochrangigen Führungskräften spezialisiert. Im Alter von Mitte Zwanzig war sie als Mutter von zwei Kindern plötzlich Witwe geworden, es folgten bald darauf weitere Schicksalsschläge in Form von verschiedenen Krankheiten. Beruflich war sie viele Jahre als Designerin und Produzentin in der internationalen Modebranche aktiv und erfolgreich. Doch plötzlich vollzog sie eine Lebenswende: Seither geht sie ihren Weg als Seelenmentorin, spiritueller Coach, Heilerin und Vermittlerin. 


http://www.nachhaltigkeit.org/201105307425/mensch-gesellschaft/interviews/turbokapitalismus-frisst-seelen-auf


Außerdem: Paulo Coelho's Buch - 11 Minuten
http://de.wikipedia.org/wiki/Elf_Minuten

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